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Redebeitrag von Helga Lerch / FDP-Kreistagsfraktion zum Haushalt 2005 17. Dezember 2004 Sehr geehrter Herr Landrat, meine Damen und Herren, der uns für das Jahr 2005 vorgelegte Haushaltsplan entspricht der bundesweit dramatischen Gesamtentwicklung. Bundesweit werden nach Feststellung des Deutschen Landkreistages 149 Landkreise (=46%) in diesem Jahr ihre Einnahmen und Ausgaben nicht - wie gesetzlich verlangt - zur Deckung bringen können. Die vorhandenen Konsolidierungspotenziale sind weitgehend ausgeschöpft und gestalterische und finanzielle Spielräume nicht mehr vorhanden. Die freiwilligen Ausgaben wurden bereits drastisch reduziert. Gemessen am Gesamthaushaltsvolumen machen sie im Landkreis Mainz-Bingen gerade noch 0,6% aus. Demgegenüber stehen gesetzlich vorgeschriebene sowie vertraglich vereinbarte Pflichtausgaben von 99,4 Prozent. Hohe Anteile der nicht beeinflussbaren Pflichtaufgaben müssen über Kassenkredite finanziert werden. Der hohe Finanzierungsbedarf des Vermögenshaushaltes erfordert eine Ausweisung von Kreditmarktmitteln in Höhe von 2,1 Mio Euro. Unser voraussichtlicher Schuldenstand beläuft sich auf 73,2 Mio Euro bei einem Gesamtausgabevolumen von 146,07 Mio Euro im Verwaltungshaushalt. Ende 2004 trägt jeder Einwohner des Kreises eine Schuldenlast von 370 Euro! Nach allen erkennbaren Vorzeichen werden sich die Landkreise darauf einstellen müssen, dass sich das scherenartige Auseinandergehen von Einnahmen und Ausgaben fortsetzen wird. Es ist ein sehr ernstzunehmendes Alarmzeichen wenn die hessischen Landkreise - so beschlossen auf der Mitgliederversammlung des hessischen Landkreistages am 26. November 2004 - in einem Musterprozess eine Verfassungsklage initiieren. Die den Landkreisen zur Verfügung gestellten Mittel reichen nicht einmal mehr zur Erfüllung der ihnen von Land und Bund übertragenen Aufgaben aus. Damit ist der verfassungsrechtliche Anspruch auf kommunale Selbstverwaltung in Frage gestellt. Die hessischen Landkreise fordern die Sicherstellung einer ausreichenden Finanzausstattung. Sollte die Klage zu Gunsten der Landkreise entschieden werden, so hätte dies umfassende Auswirkungen auf alle Länder - so auch auf RLP. Positiv vermerkt werden muss, dass der rheinland-pfälzische Landtag mit dem 35. Landesgesetz zur Änderung der Verfassung für RLP vom 14.6.2004 auf einen gemeinsamen Antrag aller Fraktionen ein striktes Konnexitätsprinzip in die Landesverfassung eingeführt hat. Dies ist ein Schutz vor zusätzlichen finanziellen Belastungen der Kreise ohne konkreten Ausgleich. Die Aufnahme des Konnexitätsprinzips in das Grundgesetz steht allerdings noch aus. Derzeit beschäftigt sich eine Kommission zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung mit dieser Frage. Denn in der Praxis haben gerade Entscheidungen auch des Bundes und der EU häufig erhebliche Rückwirkungen auf die Kommunen und ihre finanzielle Leistungsfähigkeit. Positiv stimmt auch die Tatsache, dass die Landesregierung am 18.5.2004 die Bildung eines Stabilisierungsfonds für die kommunalen Finanzen über den kommunalen Finanzausgleich angekündigt hat und ein entsprechender Gesetzentwurf auf den Weg gebracht wurde. Dennoch bleibt zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Feststellung: Bezogen auf den Haushaltsplanentwurf 2005 werden wir zum Schuldenmachen gezwungen! Die nachhaltige Verschlechterung der Kreisfinanzen im Landkreis Mainz-Bingen zeigt sich insbesondere in der Entwicklung der Fehlbeträge:
Eine grundlegende Lösung der Gesamtproblematik kann der Kreis - wie bereits ausgeführt - aus eigener Kraft nicht schaffen. Um wieder ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den Ausgaben und den Einnahmen der Kreise zu erreichen, ist es deshalb zwingend erforderlich, dass vom Bund in Zusammenarbeit mit den Ländern besonders in dem Bereich der sozialen Leistungen Lösungen zur Reduzierung kostenträchtiger Bestimmungen entwickelt werden. Dies gilt für
Heute sitzen wir allerdings in einer Schuldenfalle und das trotz rückläufiger Investitionen. Allein der Rückgang für Baumaßnahmen (landesweit im Durchschnitt 6%) geht auch nicht zuletzt zu Lasten der mittelständischen Unternehmen in RLP. Einmal an der Schuldenschraube gedreht, ist diese kaum noch aufzuhalten. Nach einer Statistik des Deutschen Landkreistages, in der die Entwicklung des Kreisumlagesatzes seit 1984 in allen rheinland-pfälzischen Landkreisen verglichen wird, stehen wir heute als Landkreis Mainz-Bingen - was die Steigerung der Kreisumlage bis einschließlich 2004 anbelangt - auf dem 4. schlechtesten Platz in RLP. Insofern sind Berechnungen, die sich auf eine Momentanaufnahme beziehen, nämlich den Durchschnittssatz im Land, nur bedingt richtig. Ich möchte nun noch einige Haushaltspositionen gesondert ansprechen:
lassen Sie mich zum Schluss kommen. Für die FDP-Fraktion ist die Frage wie die Regelung der kommunalen Finanzen in Zukunft gestaltet werden soll, Kernstück dieses Haushaltes. Sollte es deshalb zu einer Erhöhung der Kreisumlage auf 36,5% kommen, so werden wir diesen Haushalt ablehnen. Die Crux der Politik ist, dass das Leben nur rückwärts verstanden werden kann, aber nach vorne gelebt werden muss. |