Rede zum
Nachtragshaushalt

Redebeitrag von Helga Lerch / FDP-Kreistagsfraktion
zum Nachtragshaushalt 2005

Herr Landrat, meine Damen und Herren,

der vorliegende Nachtragshaushalt zeigt eine Ausgabensteigerung gegenüber dem Haushaltsplan 2005 von 795.000 Euro, was einer Steigerung von ca. 4% gleichkommt. Die Kreditaufnahme ist um 805.000 Euro höher als vorgesehen, was ein Mehr von 40,15% bedeutet. Auch bei den Verpflichtungsermächtigungen haben wir eine Steigerung um 20% zu verzeichnen.

Allein im Einzelplan IV gibt es einen Zuschussbedarf von 1,27 Mio Euro (=2,37%) gemessen an einem Gesamtvolumen des Haushaltes von ca. 55 Mio Euro.
Die Haushaltsverschlechterung geht damit eindeutig auf das Konto des Sozialhaushaltes!

Lassen Sie mich nun einige Punkte aufgreifen, die aus Sicht der FDP-Fraktion politisch relevant sind:
  1. Im Bereich der Kindertagesstätten sind fehlende Einnahmen zu verzeichnen und höhere Personalkostenzuschüsse. Kalkulationsgrundlage für den Mittelbedarf waren die Personalkosten für 2003. Dem stand eine Einkommenssteigerung und die teilweise Schließung von Gruppen gegenüber, was im Vergleich mit der ursprünglichen Abrechnung zu einem Mehr an Ausgaben von ca. 919.000 Euro führte. Zieht man die teilweise Deckung durch den Landesanteil an Personalkosten ab, verbleibt immer noch ein Defizit von ca. 460.000 Euro.
    Was uns als FDP an dieser Entwicklung beunruhigt, ist die Tatsache, dass es im laufenden Jahr nicht gelungen ist, diesem Defizit entgegenzuwirken. Bereits im Nachtrag 2004 haben wir kritisiert, dass der Personalbestand in den Kindertagesstätten bei sinkender Kinderzahl nahezu gleichgeblieben ist. Dies hatte bereits in 2004 zu einem Defizit von ca. 190.000 Euro geführt.
    Herr Landrat, wir haben in einem offenen Brief vom 2. November 2004 an Sie die Verwaltung aufgefordert sich mit den Trägern in Verbindung zu setzen, um einvernehmlich Strukturen zu erarbeiten, die einer demographische Faktoren berücksichtigenden Personalplanung gerecht werden.
    Wir stellen fest, dass dies nicht gelungen ist! Wir werden in den Haushaltsberatungen 2006 entsprechende Initiativen einbringen!
  2. Deutliche Kostenzuwächse sind auch bei der Eingliederungshilfe für Behinderte feststellbar und zwar in Höhe von 1,06 Mio Euro. Hier muss der Kreis nun anstelle des Landes in Vorlage treten. Wir appellieren an das Land seiner Zahlungsverpflichtung nachzukommen.
  3. Ein Modellprojekt des Landes, das positiv gewürdigt werden muss, ist die Hilfe nach Maß, weil dadurch die vollstationäre Unterbringung vieler Bedürftiger vermieden werden kann. Der Fallzahlsteigerung stehen Einsparungen gegenüber, die im Falle einer Heimunterbringung entstanden wären.
  4. Auch im Rahmen der Jugendhilfe nach dem KJHG konnten Unterbringungskosten in Heimen zurückgeführt werden. Die Gründe dafür liegen in der pädagogischen Vorfeldarbeit, die intensiv betrieben wird z.B.
    • im Rahmen der sozialen Gruppenarbeit
    • im Rahmen von Erziehungsbeistandschaften und Regelungen im Hilfeplanverfahren
    • im Rahmen der Leistungen der sozialpädagogischen Familienhilfe
    • sowie letztlich im Rahmen der Erziehungshilfen in Tagesgruppen.
    Im Bereich der Maßnahmen für seelisch behinderte Kinder ist eine Ausgabensteigerung von ca. 29.000 Euro feststellbar. Die Hilfefälle sind bei fast gleicher Fallzahl schwieriger geworden, Intensivgruppen mussten eingerichtet werden und der Pflegesatz pro Kind und Monat kann bis zu 6.500 Euro betragen!
  5. Im Einzelplan II schlägt die Umsetzung des Ganztagsschulprogrammes der Landesregierung massiv zu. (436.000 Euro). Das Land beteiligt den Kreis mit einem Anteil von 10% an Bauvorhaben (wo bleibt das Konnexitätsprinzip?), was ein deutlich gestiegenes Ausgabevolumen im Schuletat zu Folge hat - und dies auch bei Schulen, die nicht in der Trägerschaft des Kreises sind!
  6. Meine Damen und Herren, im Jahr 1 von Hartz IV fällt die Bilanz negativ aus. Bereits im Haushalt 2005 belastete Hartz IV die Kreiskasse mit 680.000 Euro. Im Nachtrag ist eine weitere Mehrbelastung von 425.000 Euro zu beklagen. Alle Projektförderungen zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit sind in 2005 auf Null zurückgeführt worden. Den Fallmanagern der ARGE ist es bisher nicht gelungen die Spirale der Arbeitslosigkeit zurückzudrehen. Im Landkreis Mainz-Bingen steigt die Arbeitslosigkeit, wobei insbesondere der hohe und stetig wachsende Anteil der Frauen zu beklagen ist.
    Wir sehen uns als FDP bestätigt, dass hier eine sogenannte Reform übers Knie gebrochen wurde, ohne dass wichtige Fragen vorher geklärt wurden!
  7. Positiv anmerken möchte ich, dass der Ansatz für den "Notruf für vergewaltigte Mädchen und Frauen" fast auf Null zurückgeführt werden konnte, weil 15.000 Euro an Spenden diesen Ansatz auffingen.
  8. Meine Damen und Herren, die demografische Entwicklung wird auch vor unserem Landkreis nicht Halt machen. Wir haben in einer Veranstaltung vor einer Woche hier im Kreitagssaal viel über statistische Veränderungen erfahren. Wir nehmen dies zum Anlass bereits heute anzumerken, dass wir im Rahmen der kommenden Haushaltsberatungen einen Antrag stellen werden, für die Durchführung des von der FDP-Fraktion initiierten Seniorenplanes 5.000 Euro bereitzustellen. Es macht keinen Sinn die veränderte Altersstruktur zu beklagen, man muss auch rechtzeitig etwas tun!

Zum Abschluss stelle ich für die FDP-Fraktion folgendes fest:

Wie Sie wissen, haben wir den Haushalt 2005 abgelehnt. Die Fehlentwicklungen, die wir im Dezember letzten Jahres moniert haben, haben sich fortgesetzt. Die Linie ist falsch und auch die Hauptamtlichkeit der Beigeordneten hat daran überhaupt nichts geändert. Wir lehnen deshalb folgerichtig den Nachtragshaushalt ab!

Vielen Dank.