Rede zum | ||
Redebeitrag von Helga Lerch / FDP-Kreistagsfraktion zum Haushalt 2006 13. Januar 2006 Sehr geehrter Herr Landrat, meine Damen und Herren, der Haushaltsplan für das Haushaltsjahr 2006 wird aller Voraussicht nach der letzte Haushalt dieser Art sein. Mit der Ablösung der bisherigen Kameralistik durch die kommunale Doppik beginnt im Jahre 2007 eine neue Zeitrechnung kommunaler Haushaltsführung. Mit der neuen Form werden Aufwendungen und Erträge in einer Ergebnisrechnung dargestellt. Des weiteren wird ein vollständiger Überblick über das Vermögen, die Schulden und das Eigenkapital einer Kommune abgebildet. Die Konsequenzen daraus werden für viele Gemeinden auch viele Überraschungen bringen. So darf sich eine Gemeinde - und dies gilt analog natürlich auch für den Kreis - nach den neuen Vorschriften nicht überschulden. Im Privat- und Geschäftsleben führt eine Überschuldung zur Insolvenz. Insgesamt wird eine Menge Arbeit auf die Kommunen und den Kreis zukommen, um alle Vorschriften erfüllen zu können. Gleichwohl werden die neuen Rechnungslegungsvorschriften mehr Transparenz für die Bilanzierenden auf der einen Seite als auch für Ratsmitglieder und die Öffentlichkeit bringen. Die Fraktionen haben eine hohe Verantwortung, sachkundige Ratsmitglieder in die Rechnungsprüfungsausschüsse zu entsenden. Die FDP wird sich deshalb zum geeigneten Zeitpunkt dafür einsetzen, dass auch Nichtratsmitglieder mit der erforderlichen Sachkenntnis in die Rechnungsprüfungsausschüsse entsandt werden können - wie dies für andere Ausschüsse bereits heute der Fall ist. Meine Damen und Herren, von den 8 Verbandsgemeinden und 3 kreisangehörigen Städten im Landkreis haben 5 einen ausgeglichenen und 6 einen unausgeglichenen Haushalt im Haushaltsjahr 2005. Bezogen auf die Anzahl der 66 Gemeinden im Landkreis haben wir insgesamt 29 unausgeglichende kommunale Haushalte. Damit läßt sich feststellen, dass etwa die Hälfte aller Gemeinden bereits unterhalb der finanziellen und politischen Existenzschwelle agiert. Wir haben als Kreis eine hohe Verantwortung im Hinblick auf den finanziellen Spielraum der Kommunen. Auch unter dem Aspekt einer drohenden finanziellen und damit auch politischen Insolvenz unserer Gemeinden in Anbetracht von Doppik, fordern wir als FDP die Herabsetzung der Kreisumlage auf 35 Prozentpunkte. Wir sind der zugkräftigste Landkreis in Deutschland, wir haben eine enorm hohe Wirtschaftskraft - die sich allen Prognosen zu Folge auch fortsetzen wird. Bei einem Eingangssatz von 35 Prozentpunkten verbliebe im Verwaltungshaushalt immer noch ein Überschuss von 1,37 Mio Euro. Wie dringend dieser Schritt ist, möchte ich beispielhaft an einem AZ-Artikel (Landskronausgabe) vom 19.12.2005 belegen: (Den Namen der Gemeinde nenne ich Ihnen am Schluss.) "Geschockt und frustriert erklärte der CDU-Sprecher ..., der Haushaltsplan bestehe nur noch aus unabdingbaren Fortschreibungen. (Die Gemeinde) besitze in der VG die höchste Steuerkraft, sei aber die ärmste Kommune. Die Kreis- und VG-Umlagen würden in die kommunale Selbstverwaltung eingreifen. Theoretisch müssten ... alle Gemeindebediensteten entlassen werden. "In der freien Wirtschaft würde man sagen, wir sind bankrott." In seiner langjährigen Ratszugehörigkeit sei ihm ein solcher Etat ... noch nicht vorgelegt worden, führte der SPD-Sprecher ... aus. ... Das krasse Missverhältnis der Umlagen zu den Einnahmen führte zu ständigen Fehlbeträgen. (Der SPD-Sprecher) regte eine gemeinsam verfasste Resolution an VG und Kreis an, die ihre Umlagen-Politik gründlich überdenken sollen, damit der Gemeinde die Luft nicht völlig abgedreht werde." Meine Damen und Herren, es geht um die Gemeinde Mommenheim. Ortsbürgermeisterin ist das FWG-Kreistagsmitglied Frau Niemann. Frau Niemann, Sie werden in der Pressemeldung dahingehend zititert, dass die Resolution Ihrer Meinung nach auch an das Land gehen solle. Frau Niemann, ich werde Ihr Abstimmungsverhalten heute genau beobachten. Unsere Zustimmung zum Kreishaushalt wird davon abhängen, ob wir heute eine Mehrheit für die Herabsetzung des Hebesatzes erhalten. Sollte die Mehrheit dieses Hauses wieder - wie bereits im letzten Jahr - eine hohe Kreisumlage von 36,5 Prozentpunkten beschliessen, so werden wir diesen Haushalt ablehnen. Meine Damen und Herren, lassen Sie mich nun auf einige Einzelaspekte des Haushaltes Bezug nehmen. Hartz IV ist für uns Liberale der Flop des Jahres! Die Absicht des Gesetzes, staatliche Ausgaben zu senken und mehr Menschen in Arbeit zu bringen, hat sich in keinster Weise erfüllt. Hartz IV hat zu einer Haushaltsverschlechterung geführt. Die ARGE im Landkreis hat das letzte Jahr damit vertan sich selbst einzurichten. Die Fallmanager, also die "Experten", die eine Topberatung garantieren sollten, mussten selbst erst einmal in einem 2-wöchigen Crash-Kurs geschult werden. Unser Fazit lautet: "Wir verwalten Arbeitslosigkeit." Es ist kein Licht am Ende des Tunnels erkennbar. Alte Gespenster treten in neuen Gewändern auf! Ein erfreulicher Punkt ist die Tatsache, dass unser Antrag vom Januar 2005 "Erarbeitung eines Seniorenplanes für den Landkreis Mainz-Bingen" nunmehr in die Realisierungsphase eintritt. Zusammen mit der Universität Kaiserslautern wird es ein erstes Pilotprojekt zum Bereich "Wohnen im Alter" geben. Wir danken in diesem Zusammenhang den Spendern sowie dem Seniorenbeirat des Landkreises, der einer finanziellen Beteiligung aus den Haushaltsmitteln für 2005 zugestimmt hat, damit Gesamtkosten von 10.000 Euro getragen werden können. Wir sind als Landkreis damit auf einem guten Weg, den Folgen der demographischen Entwicklung auch in der konkreten Politik Rechnung zu tragen. Wir begrüßen des weiteren, dass im Schulbaubereich der Landkreis mit ca. 5 Mio Euro wichtige Baumaßnahmen auf den Weg bringen wird. Die Fortschreibung des Schulentwicklungsplanes, dessen erste Ergebnisse im März vorliegen müssten, wird uns aber auch Lösungsmöglichkeiten abverlangen, wie mit den steigenden Schülerzahlen im Bereich der Gymnasien Nieder-Olm und Oppenheim zu verfahren sein wird. Angesichts der klaren Prioritätensetzung der Stadt Mainz - wonach die Aufnahme von Schülerinnen und Schülern aus dem Landkreis kaum noch relevant sein dürfte, erwarten die Bürgerinnen und Bürger von der Verwaltung klare Antworten. Lassen Sie mich zum Schluss noch einen Blick auf den Stellenplan werfen. Die FDP-Fraktion kritisiert unverändert die politische Entscheidung von SPD/FWG/B90-Die Grünen zwei hauptamtliche Stellen für Kreisbeigeordnete zu schaffen. Ihr Argument, das Sie presseöffentlich im Rahmen der Änderung der Haushaltssatzung vom September 2004 vorbrachten, "dass wirtschaftlich schwierige Zeiten, verstärkte Anstrengungen erfordern", gilt heute für die Kreisebene weniger denn je. Sie sagten damals, dass Sie letztendlich nicht mehr Geld ausgeben würden, weil Sie im Bereich des Führungspersonals Veränderungen vornehmen wollten. Sie haben Ihr Versprechen gehalten. Eine Amtsleiterstelle für Soziales gibt es seit 1.11.2005 nicht mehr. Fachkompetenz wurde auf dem Altar der Befriedigung politischer Begehrlichkeiten geopfert! Zum Schluss noch ein Wort an Sie, Herr Landrat. Sie werden in der AZ vom 10. November 2005 - in Anlehnung an Helmut Schmidt - mit den Worten zitiert: "Wer heute zusätzliche Wohltaten ... verspricht, den soll der Teufel holen." Wer in diesem Zusammenhang Ihren Umgang mit der Kreisumlage sieht, der wird sich nicht wundern, wenn Sie und Ihre Koalitionäre vielerorts in den Gemeinden zum Teufel gewünscht werden. In diesem Zusammenhang möchte ich auch eine Pressemeledung der AZ vom gestrigen Tage bezüglich des Neujahrsempfanges der Kreis - FWG nicht unerwähnt lassen, in der es wörtlich heißt: "Es sei keine zukunftsorientierte Politik, wenn sich der Kreis auf Kosten der Kommunen saniere" - eine wörtliche Übereinstimmung mit unserer Position. |