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Redebeitrag von Helga Lerch / FDP-Kreistagsfraktion zum Haushalt 2007 15. Dezember 2006 Sehr geehrter Herr Landrat, meine Damen und Herren, wir befinden uns mit diesem Haushalt in der landesweit unglaublich komfortablen Situation, dass wir über Geld streiten können, das man auch tatsächlich ausgeben kann. Im Gegensatz zu vergangenen Haushalten ist für 2007 ein Steuersegen zu erwarten, der es uns ermöglicht, politisch zu handeln und nicht nur unseren gesetzlich vorgeschriebenen Pflichtaufgaben nachzukommen. Der Segen kommt aus Ingelheim - im Klartext - die hohen Steuereinnahmen als Folge eines glänzenden Geschäftsjahres bei der Firma Boehringer versetzt uns in diese Lage. (und nicht die politische Leistung - etwas der bestehenden Koalition - um dies deutlich herauszustellen) Aber vergessen wir nicht: Wenn Boehringer Schnupfen haben sollte, hat die Stadt Ingelheim eines Bronchitis und der Landkreis eine Lungenentzündung! Oder anders: Das Flugzeug fliegt - aber der Autopilot ist Boehringer. So schön die jetzige Situation für alle ist, so riskant ist es, das finanzielle Fundament für alle Zukunft als gesichert anzusehen. Dieses Fundament ruht auf einer einzigen Säule und wenn diese brechen sollte, werden wir uns wieder in die Reihe derjenigen Landkreise einreihen müssen, die defizitäre und unausgeglichene Haushalte vorlegen müssen. Die Stunde gebietet es also bewusst und vernünftig mit diesem Geld umzugehen zumal man nie sicher sein kann, welche Ausgabenlasten uns von Landes- und Bundesseite in Zukunft noch aufgebürdet werden. Das politische Signal kann unserer Meinung nur lauten: Schuldenreduzierung einerseits und Investitionen in die Zukunft andererseits! Mit 21,7 Mio Euro, die wir tilgen, reduziert sich der Schuldenstand von 71,3 Mio Euro auf 49,6 Mio Euro. Gleichzeitig sehen wir uns mit unserer Forderung der vergangenen Jahre bestätigt, die Kreisumlage auf 35 Prozentpunkte zu senken, um den Kommunen politischen Handlungsspielraum zurückzugeben. Wir haben die Verpflichtung, die Kommunen an diesem Kuchen teilhaben zu lassen, damit auch sie wieder Politik machen können und nicht nur im Rahmen ihrer Auftragsangelegenheiten handeln müssen. Dies ist mehr als ein Akt politischen Anstandes! Lassen Sie mich nun zu dem Aspekt der Investitionen kommen. Die FDP hat sich im Rahmen der Diskussion um den Schulentwicklungsplan für das nunmehr beschlossene Schulbaukonzept eingesetzt. Die Investitionen, die dieser Haushaltsplan in den baulichen Ausbau, Umbau und die Ausstattung unserer Kreisschulen steckt, sind daher folgerichtig. Damit werden wir zum dem Bildungskreis in Rheinland-Pfalz! Dies ist eine Investition in die Zukunft, denn Lernen braucht adäquaten Schulraum und eine zeitgemäße Ausstattung! Im Zahlen ausgedrückt heißt dies eine Investition von bis zu 115,9 Mio Euro bis 2010! Lassen Sie mich nun zum Einzelplan 4 Stellung beziehen. Vorausgeschickt werden muss, dass wir mit einer Arbeitslosigkeit von 5,4% weit unter dem Bundesdurchschnitt liegen, der derzeit bei 9,8% liegt. Die Anzahl der von der ARGE ermittelten Bedarfsgemeinschaften ist aber bezogen auf die Anzahl der betroffenen Personen mit 9.700 Personen hoch. Der Kreis muss für die Begleichung von Kosten für Unterkunft und Heizung 1,5 Mio Euro bereitstellen, d.h. pro Person 319,-- Euro als monatliche Leistung. Steigen die Energiekosten, so steigen auch hier die Ausgaben. Von Januar 2006 293,-- Euro auf 319,-- Euro im Dezember. Allein diese Steigerung macht mehr als eine Viertel Million im Haushalt aus. Auf diese Gegebenheit haben wir als Kreis keinen Einfluss - hier profitieren wir von der Großwetterlage oder leiden darunter. Meine Damen und Herren, wenn Geld vorhanden ist, gibt es auch politische Bedarfe. Die Koalition fordert in zwei Anträgen die Bereitstellung von je 50.000 Euro zur Förderung der Teilhabe beeinträchtigter junger Menschen und zur Förderung der beruflichen Eingliederung der gleichen Personengruppe. Ich warne nachdrücklich davor zu glauben, dass allein die Bereitstellung von Geldern zu Lösungen der komplexen Probleme führen wird. Wir fordern deshalb, dass in den zuständigen Fachausschüssen, Jugendhilfeausschuss und Sozialausschuss eingehend über die inhaltlichen Varianten der Verwendung beraten wird. Zustimmung signalisieren wir dagegen hinsichtlich ihres Antrages zu den Krippenplätzen. Und nun zu dem Antrag zum Thema "Förderung des Ehrenamtes". Dieser von der Koalition vorgelegte Antrag zur Sicherung des Ehrenamtes ist weder der Stein der Weisen noch der Königsweg. Wir haben erhebliche Bedenken, ob dieser Antrag mit den rechtlichen Bestimmungen konform geht. Lässt die Haushaltssatzung eine solche Form der Finanzierung überhaupt zu? Was sagt denn die Kommunalaufsicht dazu? Ist die Vereinbarkeit mit dem Simmerner Urteil gegeben? Fragen über Fragen! Auch inhaltlich sind zahlreiche Bedenken angebracht. Gegenüber ihrem ersten Entwurf, den Sie dann durch einen zweiten, dritten und den jetzt vorliegenden etwas präzisiert haben, wird nunmehr die mangelnde Leistungsfähigkeit eines Antragstellers zum Kriterium, das über Erhalt oder Nichterhalt einer Fördersumme entscheidet. Sie berufen sich dabei auf die Ausgleichsfunktion des Kreises. Aber dies heißt auch im Klartext, die Kommune, die einen ausgeglichenen Haushalt hat, wird leer ausgehen. In der VG Sprendlingen-Gensingen z.B. gibt es fast keine Gemeinde mit einem unausgeglichenen Haushalt. Hier wird also niemand in den Genuss der Förderzuschüsse kommen. Auf den Punkt gebracht heißt dies nichts anderes, dass wer in der Vergangenheit haushaltspolitisch konsolidiert hat, wird jetzt bestraft. Leistung wird nicht honoriert! Insgesamt bescheinige ich Ihnen mit diesem Antrag schlechte handwerkliche und inhaltliche Arbeit! Wir haben durchaus Überlegungen angestellt, die angesprochene Fördersumme von 3,3 Mio Euro, in etwa einem Prozentpunkt der Kreisumlage entspricht, für eine weitere Senkung der Umlage zu verwenden. Dies hätte alle Gemeinden profitieren lassen. Diejenigen, die viel in die Kreisumlage zahlen eben mehr als andere, die weniger dazu beitragen. Der Nachteil dieser Überlegung ist, dass dann eben nicht sichergestellt wäre, ob das Geld auch tatsächlich dem ehrenamtlichen Engagement zu Gute kommt. Deshalb - und nur deshalb - formulieren wir heute nur einen Änderungsantrag, der unter dem ausdrücklichen Vorbehalt der rechtlichen Überprüfung steht. Wir fordern: Das Bewilligungsverfahren zum Erhalt des in § 3 der Richtlinien angesprochenen Kreiszuschusses um einen Expertenbeirat zu erweitern. Der Förderzeitraum wird auf maximal drei Jahre befristet. Eine Evaluierung nach jedem Kalenderjahr ist zwingend. Lassen Sie uns des weiteren die Förderrichtlinien noch einmal neu beraten. Hier muss eine Ergänzung möglich sein, damit auch finanzstarke Kommunen in der Genuss der Förderung kommen. Die Förderrichtlinien müssen um weitere Kriterien ergänzt werden. Zum Antrag Fährverkehr! Auch hier stelle ich handwerklich das gleiche Strickmuster wie bei der Ehrenamtlichkeit fest. Ein Antrag wird eingebracht, Summen gefordert, dann wird dieser Antrag wieder zurückgezogen, jetzt liegt ein neuer vor. Das Gespräch, das vor einigen Tagen in der Kreisverwaltung mit den Fährbetreibern stattfand, hat ein differenziertes Bild der Lage vermittelt. Wir halten die Ausweitung des Fährverkehrs für den falschen Weg und werden diesen Antrag ablehnen. Eine ausführliche Begründung erfolgt im Zusammenhang mit unserem und dem CDU-Antrag über die Rheinbrücke! Zum Schluss beantragen wir die getrennte Abstimmung über die vorliegenden Anträge. Dem Haushalt in seinen Grundzügen werden wir zustimmen! Vielen Dank. |