Rede zum
Haushalt 2008

Redebeitrag von Helga Lerch / FDP-Kreistagsfraktion
zum Haushalt 2008

5. Dezember 2007

Sehr geehrter Herr Landrat, meine Damen und Herren,

der Haushalt 2008 versetzt uns - wie bereits im letzten Jahr - in die im Land einmalige Lage, tatsächlich Politik gestalten zu können. Wir erinnern uns sicher alle an Zeiten, wo wir als Kommunalpolitiker den Haushalt eher verwaltet haben als politisch zu handeln. Die Ursache für diese Wandlung zum Positiven, liegt zum allergrößten Teil in der hervorragenden Geschäftssituation der Firma Boehringer in Ingelheim und zum kleineren Teil an der verbesserten konjunkturellen Lage. Die Steuerkraft ist deutlich gestiegen, die Zuwächse beim Steueraufkommen zeigen eine Steigerung von ca. 10% gemessen am Jahr 2006. Von den 127 Millionen Euro Einnahmen aus der Kreisumlage, entfallen 62% auf die Stadt Ingelheim, die sich glücklich schätzen darf, den Hauptsteuerzahler in ihren Mauern zu wissen. Gleichzeitig ist die Arbeitslosenquote auf 4,6% gefallen, fast um die Hälfte niedriger als die Bundesquote.

Die FDP befürwortet den Kurs der Verwaltung dieses Geld einerseits zur Schuldentilgung zu verwenden und andererseits zukunftsorientierte Investitionen zu tätigen.
Mit einer Tilgung von 22 Mio Euro rückt das ehrgeizige Ziel, 2010/2011 schuldenfrei zu sein, in greifbare Nähe. Dadurch und durch einen überlegten Zinstausch sinkt die Zinsbelastung noch einmal und lässt uns politischen Spielraum.

Die FDP-Fraktion möchte diesen Spielraum nutzen, indem wir nicht - wie vielfach öffentlich gefordert - die Kreisumlage senken, sondern das sich in 2007 bewährte Instrumentarium der Ehrenamtsförderung mit weiteren finanziellen Mitteln ausstatten wollen. Wir wollen exakt die Summe, die durch die Senkung von einem Prozent-Punkt Kreisumlage entstanden wäre, den Kommunen zur Verfügung stellen.

Dies führt im Rahmen des Ehrenamts zu kommunalen Verbesserungen - zu denen die Gemeinden oftmals auf Grund der eigenen Haushaltslage selbst nicht in der Lage wären. Die anfallenden Mittel sollen auf die Haushaltsjahre 2008 und 2009 gleichermaßen verteilt werden.
Bereits in 2006 haben wir gesehen, dass die Mittel vollständig verbraucht wurden. Auch für das nächste Jahr liegen bereits Förderanträge vor.
Gleichzeitig wollen wir der Verwaltung einen Prüfauftrag erteilen um festzustellen, ob auch jene Kommunen, die bis dato auf Grund der Wirtschaftskraft nicht förderungsfähig waren, einbezogen werden können. Wir sollten auch jene belohnen, die durch jahrelanges überlegtes wirtschaftliches Handeln heute ausgeglichene Haushalte vorweisen können.

Lassen Sie mich nun zu dem zweiten großen Komplex dieses Haushaltes kommen - nämlich das Thema "Schulen". Wir haben mit der Erstellung unseres Schulentwicklungsplanes einen richtigen Schritt getan und rechtzeitig Antworten auf die steigenden Schülerzahlen gesucht und gefunden.

Die hohen Investitionen in den kreiseigenen Schulbau ist eine Investition in die Zukunft unserer Kinder. Bildung ist ein hohes Gut und braucht ansprechende Arbeitsmöglichkeiten für Schüler und Lehrer.

An dieser Stelle möchten wir als FDP auch ausdrücklich die Fachabteilung loben und Dank sagen, denn hier wird mit niedrigster personeller Besetzung sehr viel geleistet.

Es gibt kaum eine kreiseigene Schule, an der zur Zeit keine Baumaßnahmen stattfinden, seien es Erweiterungsbauten, Sportplätze, Mensen usw.. Und in Kürze wird in Ingelheim sogar eine ganz neue Schule gebaut werden. Die Vielfalt des Angebotes verschiedenster Schultypen in zumutbarer räumlicher Nähe, sollte es allen Eltern ermöglichen, die geeignete Schule für ihr Kind zu finden.

Ich möchte auch die Schulen in unser Lob mit einbeziehen. Die alte FDP-Forderung, den Schulen mit der Ausweitung der Budgetierung mehr Freiraum zu geben, wird von allen Schulen beispielhaft genutzt - es sind vielfach sogar noch beachtliche Summen nicht verbraucht worden.

Wir freuen uns auch, dass der Landkreis die Schulsozialarbeit konsequent an den Schulen einsetzt, damit Kindern und Familien rechtzeitig Hilfe und Unterstützung zuteil wird und Lehrer wieder vermehrt das machen können wozu sie da sind - nämlich lehren.

Der vorliegende FDP-Antrag zum Thema "Schulen" hat zum Ziel, die naturwissenschaftlichen Fachbereiche zu stärken. Hintergrund ist einerseits, den Forderungen der Wirtschaft nach besserer Qualifizierung unserer Schülerinnen und Schüler nachzukommen und andererseits die sich verändernde Stundentafel ab dem nächsten Schuljahr, die eine Aufstockung des naturwissenschaftlichen Unterrichts vorsieht. Mit unserem Antrag wollen wir die naturwissenschaftlichen Ausstattungen der Schulen noch ein Stück verbessern. Je nach Schultyp und Bedarf sollen die Schulen bis zu einer Höchstsumme von 50.000 Euro Anträge stellen dürfen.

Eng mit dem Thema "Schule" verknüpft, ist das Thema Mittagessen an Schulen. Hier haben wir im Haushalt eine Summe von Euro 40.000, für die der Kreis aufkommen muss, weil Eltern - selbst bei reduzierten Eigenkosten von nur 1 Euro pro Kind und Essen - das Geld für ein warmes Essen ihrer Kinder nicht bezahlen können oder wollen. Meine Damen und Herren, dies wirft ein beängstigendes Bild auf den Zustand unserer Gesellschaft - wo die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander geht.

In eine ähnlich Besorgnis erregende Richtung geht die Tatsache, dass die Zahl der Unterhaltspflichtigen (in der Regel handelt es sich um Väter) sich aus der Verpflichtung zu Unterhaltszahlungen herausmogeln. Dafür muss der Kreis 400.000 Euro aufbringen. Eine Schande, wenn man bedenkt, wie viele Einzelschicksale von unschuldigen Kindern dahinter stehen.

Im Einzelplan 4 werden angesichts steigender Lebenserwartung die Kosten für die Eingliederungshilfe weiter ansteigen. Bereits jetzt liegen die Kosten für Unterkunft für Bedarfsgemeinschaften nach Hartz IV bei 1,6 Mio Euro. Wenn hier der Kostenanteil des Bundes zurück gedreht wird - was derzeit in der politischen Diskussion ist - müsste man auf Kreisseite noch mit deutlich höheren Kosten rechnen, was kaum mehr toleriert werden kann.

Wir haben heute als FDP noch einen dritten Antrag zur Verabschiedung vorgelegt. Dieser betrifft die Förderung der Rheinhessen Touristik GmbH im Bereich barrierefreier Tourismus. Bereits Kurt Beck hat in seiner Regierungserklärung zu Beginn der Legislaturperiode im Land auf die Notwendigkeit dieser Förderung hingewiesen. Wir wollen als Grundlage zunächst 100.000 Euro bereitstellen, um sowohl personell als auch sachgebunden den Ausbau des barrierefreien Tourismus voranzutreiben. Angesichts prognostizierter demografischer Veränderungen ist dies ein Muss! Ganz abgesehen davon ist dies eine Art der Wirtschaftförderung, die einer breiten Bevölkerungsschicht zu Gute kommt.

Bevor ich nun zum Stellenplan komme, möchte ich noch ein kritisches Wort zur geplanten Kindertagesstätte für Kreisverwaltungsbedienstete sagen. Wir sind mit der Art und Weise, wie die Planung vorgenommen wurde nicht einverstanden. Erst in der Ganztagessitzung des Kreisausschusses wurde diese neue Haushaltsstelle den Anwesenden diktiert!

Es hat keine Diskussion darüber in den relevanten Ausschüssen stattgefunden. Hier soll für fast 1 Million Euro ein Neubau hinter dem Verwaltungsgebäude entstehen - und das - wie eine interne Umfrage unter den Bediensteten wohl ergeben hat - für ca. 15 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Was passiert, wenn die Zahl der Kinder sich nach unten verändern wird? Ist hier eine Kooperation mit der Stadt Ingelheim denkbar? Das sind nur einige der Fragen, die nicht ausdiskutiert sind. Hier wurden die Kreisgremien in keinster Weise eingebunden. Wir beantragen deshalb die Zurückstellung dieser Maßnahme so lange, bis die offenen Fragen geklärt sind und alle relevanten Zahlen auf dem Tisch liegen!

Und nun zum Schluss noch einige Sätze zum Stellenplan. Dieser umfasst einen Personalkostenzuwachs um 1,3 Mio Euro. Darin enthalten sind u.a. 7,5 neue Stellen für jene Schulen, die nun in die Trägerschaft des Kreises übergegangen sind. Alle Stellen werden uns auf Dauer belasten. Wir sehen hier durchaus eine Gefahr für die Haushaltssituation bei sinkender Steuerkraft. Möge uns deshalb die gute Haushaltssituation noch lange erhalten bleiben.

Ich bedanke mich im Namen meiner Fraktion bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung für die gute geleistete Arbeit im zu Ende gehenden Jahr.

Zum Schluss beantragen wir die getrennte Abstimmung über die vorliegenden Anträge. Dem Haushalt in seinen Grundzügen werden wir zustimmen!

Die FDP wird dem Haushalt ihre Zustimmung erteilen.

Vielen Dank.